Bürgerinfosystem Neustadt in Holstein
Sachverhalt:Der partizipative Entscheidungs- bzw. Beteiligungsprozess startete am 15.06.2023 mit einer öffentlichen Auftaktveranstaltung. Bis zum 21.07.2023 wurde dann eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger durchgeführt. Von Sommer bis Herbst 2023 wurden insgesamt vier Arbeitskreistreffen mit zusammen rund 30 Akteuren durchgeführt. Am 14.11.2023 fand eine öffentliche Bürgerwerkstatt und am 30.11.2023 eine abschließende Akteurswerkstatt statt. Die Beteiligungen und Werkstätten waren insgesamt alle sehr sachlich, konstruktiv und lösungsorientiert. Der gesamte Prozess wurde auf der Internetseite „planemit.de“ transparent begleitet. Im Wesentlichen gab es zum Prozess selbst folgende positive Rückmeldungen: - sehr sachlich und konstruktiv, - die Teilnehmenden sind offen für verschiedene Anregungen, - viele Fragen konnten im Gespräch beantwortet werden, - hilfreiche Informationen durch die Mitarbeitenden der Stadt, - eine gemeinsame Lösungsfindung war möglich. Der Prozess und die erarbeiteten Inhalte sind in der anliegenden Zusammenfassung der Dokumentation dargestellt. Stark verkürzt lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: - Die Haushaltslage der Stadt Neustadt in Holstein ermöglich es nicht, die finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Straßenbaumaßnahmen ersatzlos entfallen zu lassen. Insgesamt sei eine Verbesserung der Einnahmesituation der Stadt erforderlich und anzustreben. - Eine Grundsteuererhöhung als alleiniges Instrument der Straßenbaufinanzierung ist wegen mangelnder Rechtssicherheit ungeeignet. - Wiederkehrende Beiträge werden aufgrund insgesamt größerer Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht priorisiert. - Eine vollständige Verteilungsgerechtigkeit kann mit keinem der möglichen Ansätze erreicht werden. Insofern müsse ein Maßnahmenpaket beschlossen werden, welches finanzielle Entlastung bzw. Verteilung, größere Sicherheit und Planbarkeit und mehr Transparenz und Teilhabe ermöglicht.
Inhaltlich ergab die Arbeit der Akteure eine vertiefende Betrachtung der Themenfelder - Modifizierung der einmaligen Ausbaubeiträge, - Information zur Möglichkeit der Verrentung, - Prüfung zusätzlicher Einnahmemöglichkeiten. Aus diesen Arbeits- und Themenfeldern ergaben sich dann folgende Zielvorgaben, die sich auch im vorliegenden Beschlussvorschlag wiederfinden: Empfehlungen zu einer Finanzierungsvariante: - Anpassung der einmaligen Straßenausbaubeiträge:
- Die finanzielle Entlastung der Beitragszahlenden muss im städtischen Haushalt anderweitig kompensiert werden:
z. B. Erhöhung von Steuern und Gebühren oder Fördermittel von Land / Bund / EU in Anspruch nehmen.
Empfehlungen zur Information und Beteiligung: - Frühestmögliche Information der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer über die anstehende Erhebung der Beiträge. - Transparente und verständliche Erläuterung über die Zusammensetzung der Kosten. - Deutlichere Information und Werbung zur Möglichkeit der Verrentung und niedrigschwelligen Beantragung.
- Mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Anliegende
Neben den erarbeiteten Zielvorgaben, konnten im Rahmen des Prozesses auch viele neue Erkenntnisse für und durch die Akteure gewonnen werden. So wurden bspw. alle erhobenen Ausbaubeiträge der letzten 20 Jahre anonymisiert offengelegt. Dabei zeigte sich, dass der überwiegende Teil gezahlter Ausbaubeiträge in einem geringen vierstelligen Bereich lag. Extrembeispiele, bei denen Einzelhaushalte deutlich über 20.000 € zahlen mussten, gab es nicht. Zudem wurde dargestellt, dass bei dem überwiegenden Teil der Straßenausbaumaßnahmen neben den Anliegenden zu etwa gleichen Teilen auch die restlichen Bürgerinnen und Bürger über den städtischen Anteil beteiligt wurden. Bei einer Anfrage an das Innenministerium wurde auch klargestellt, dass der Stadt Neustadt in Holstein neben den rund 270.000 € Landeszuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches keine sonstigen Mittel für den Zweck des Straßenausbaus erhält. Neben der mangelhaften Rechtssicherheit einer Grundsteuererhöhung zwecks Straßenausbaufinanzierung wurde auch erörtert, dass die Grundsteuer keine „gerechte Verteilung“ im Sinne einer sozioökonomisch angepassten Verteilung garantiert; vielmehr können Größe und Lage eines Grundstückes bereits in derselben Straße dazu führen, dass Menschen aus der Nachbarschaft deutlich unterschiedliche Abgaben leisten müssen, obwohl diese nicht per se wirtschaftlich bessergestellt sind oder bspw. die Straße häufiger oder intensiver nutzen.
Beschlussvorschlag:Der Bürgermeister wird beauftragt folgende Maßnahmen umzusetzen bzw. deren Umsetzung vorzubereiten: A 1 Die Anpassung der Ausbaubeitragssatzung mit dem Ziel die Beitragssätze zu reduzieren und Eckgrundstücke zu entlasten. Den zuständigen Ausschüssen ist dazu in diesem Jahr eine Folgevorlage zur Beratung vorzulegen. A 2 Den Zinssatz für die Verrentung von Ausbaubeiträgen auf ein geringstmögliches Maß zu reduzieren. Den zuständigen Ausschüssen ist dazu in diesem Jahr eine Folgevorlage zur Beratung vorzulegen. A 3 Ein Konsolidierungskonzept für das Haushaltsjahr 2025 vorzulegen, das die Anpassung der Ausbaubeitragssatzung und die Reduzierung des Zinssatzes für die Verrentung berücksichtigt. A 4 Eine langfristige Haushaltsstrategie aufzustellen, mit dem Ziel die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Den zuständigen Ausschüssen ist dazu bis zum Abschluss des Jahres 2025 eine Folgevorlage zur Beratung vorzulegen. B 1 Informationen für die Verrentung bereitzustellen, zu bewerben und diese frühzeitig, im Rahmen der Straßenausbauplanung, den Anliegenden zu Verfügung zu stellen. B 2 Die Informationen zu dem partizipativen Entscheidungsprozess in Form einer Dokumentation in geeigneter Weise zu veröffentlichen. B 3 Einen Leitfaden für Bürgerinnen und Bürger zum Thema Ausbaubeiträge zu erstellen und in geeigneter Weise zu veröffentlichen. C 1 Zukünftig bei allen Straßenausbaumaßnahmen die Anliegenden zusammen mit der Selbstverwaltung im Rahmen eines geeigneten Workshopverfahrens frühzeitig bei der Vorentwurfsplanung zu beteiligen. C 2 Die zu erwartenden Ausbaubeiträge im Planverfahren frühzeitig zu ermitteln und diese Information den Anliegenden frühzeitig in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen. Die Sperrvermerke für die Straßenausbaumaßnahmen Am Hafensteig und Teufelsberg 2. BA werden aufgehoben. Die Maßnahmen sind zügig umzusetzen. Da für die Maßnahme Am Hafensteig bereits ein beschlossener Entwurf vorliegt, sind die Beschlusspunkte 1 und 2 des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses vom 23.03.2023 für die Vorlage VO/2945/23 nunmehr umzusetzen.
Finanzielle Auswirkungen:
Nachhaltigkeitseinschätzung:
Anlage/n:Zusammenfassung der Dokumentation
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