Bürgerinfosystem Neustadt in Holstein
Bericht: Der Vorsitzende des Hauptausschusses Herr Holtfester verdeutlicht, dass sich die Fremdbestimmungen Dritter wie bereits im Stellenplan auch im Haushalt widerspiegeln würden. Wohngeldaufwendungen, Kosten für die Betreuung und Unterbringung von Geflüchteten oder Kosten für das Klimaschutzkonzept seien von Außen vorgegeben. Der Hauptausschuss habe sieben Stunden über den Gesamthaushaltsplanentwurf beraten. Die Fachausschüsse hätten eine gute Arbeit zu ihren Teilhaushalten geleistet. Er hebt hier als Beispiel das Themenfeld Schulzsozialarbeit hervor, dessen Stellen- und die dadurch entstehenden Kostenanteile in Höhe von 278 T€ in der Vorberatung auf den Punkt gebracht worden seien. Er sehe dieses als einen wichtigen Faktor, um den Nachwirkungen der Coronapandemie entgegenzutreten und bei der Flüchtlingsbetreuung zu unterstützen. In diesem Sinne würden auch 1,8 Mio € als Zuschüsse und Zuweisungen an Vereine und Verbände ausgekehrt. Er verliest die Festsetzungen der Haushaltssatzung.
Diskussion: Herr Schmidt erklärt, dass sich die CDU-Fraktion durchaus mit mehreren von ihr initiierten Impulsen im Haushalt wiederfände und daneben auch weitere Aspekte unterstütze. Im Ergebnis sei der Haushalt dennoch mit dem vorgelegten Defizit von 3 Mio € nicht zu akzeptieren. Selbstkritisch müsse zur Kenntnis genommen werden, dass viel Geld ausgegeben worden sei. Ungeachtet der unterschiedlichsten Darstellungen der finanziellen Auswirkungen habe die Selbstverwaltung der überwiegenden Zahl der Verwaltungsvorlagen zugestimmt. Hier hätte mit einer einer demokratischen Mehrheit verschiedentlich eine Ablehnung erfolgen müssen. Die Stadt habe mit ihren ungeänderten Steuerhebesätzen kein Einnahmeproblem. Neustadt in Holstein habe kreisweit die höchsten Sätze zur Grundsteuer B und zur Gewerbesteuer. Es stelle sich insbesondere ein Ausgabeproblem dar. Die Kommunalpolitik befasse sich zum Ende eines Jahres mit dem Haushalt und könne mangels vorheriger Darlegung von Prognosen, Auswirkungen oder Kennzahlen durch die Verwaltung im Vorwege kaum agieren. Dabei sei es der Selbstverwaltung stets wichtig gewesen, einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, um nicht kommunalaufsichtlichen Restriktiven folgen zu müssen. Das Einfordern einer unterjährigen Prognose sei politisch nicht erfolgt, was selbstkritisch hinterfragt werden müsse. Aber es fehle auch an einer Priorisierung, an einem Masterplan. So würden - als konkretes als konkretes Beispiel - Kosten- und Folgekostenschätzungen zum Cap Arcona Gedenkzentrum im Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten dargelegt, ohne dass sich vorher überlegt werde, ob der es der Stadt wichtiger sei, Ausgaben für den primären Bildungsbereich zu tätigen. Die unterschiedlichen Konzepte der Stadt seien nie übereinandergelegt und nie zur Finanzierbarkeit aufeinander abgestimmt worden. Nachhaltigkeit habe sich die Stadt als großes Schwerpunktthema selber gegeben, ohne aber zu Hinterfragen, wie dieses mit dem Radverkehr oder der Barrierefreiheit korrespondiere. Es gäbe schlicht kein Finanzkonzept. Es fehle auch an einem Finanzbeauftragten. Die Konzepte, die vorhanden seien, würden Kosten verursachen. Hierfür seien überwiegend Krediteinnahmen vorgesehen. Alleine aufgrund der Schuldenlast, die nachkommenden Generationen übertragen würde, sei der Haushalt nicht generationengerecht. Die EZB habe heute erneut die Zinsen um 0,5 %-Punkte erhöht. Im Hauptausschuss sei durch die Finanzabteilung berichtet worden, dass für Zins und Tilgungen die Stadt bereits Kassenkredite aufnehmen müsse. Um weiter eigener Herr über die städtischen Finanzen zu bleiben, unterbreite die CDU-Fraktion gemeinsam mit der Fraktion B‘90/GRÜNE konstruktive Vorschläge mit folgendem, noch vor dem Haushalt abzustimmenden Antrag: 1. Der Bürgermeister wird gebeten, eine Haushaltssperre gemäß Gemeindehaushaltsverordnung Schleswig-Holstein zu erlassen, um lediglich notwendige Ausgaben im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen zu tätigen. 2. Der Bürgermeister wird gebeten, Konsolidierungsmaßnahmen (Ausgabenreduzierungen / Verschiebungen bzw. Verzicht von Investitionen) gemeinsam mit der Selbstverwaltung zu erarbeiten. Zielsetzung ist ein ausgeglichener Haushalt. 3. Der Bürgermeister wird gebeten, bis zum 15. Februar 2023 diese Maßnahmen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Auch wenn der Erlass einer Haushaltssperre zu 1) in der Kompetenz des Bürgermeisters läge, obliege der Selbstverwaltung die Finanzhoheit. Man habe mit den unter 2) aufgeführten Konsolidierungsbemühungen vor Corona angefangen und hätte - jenseits der pandemiebedingten Herausforderungen - selbstkritisch betrachtet diese Bemühungen längst wiederaufnehmen können. Da sich kein Einnahmeproblem darstelle, fokussiere sich der Antrag auf die Ausgabeseite. Der in 3) genannte Termin läge auf einer Hauptausschussitzung, die die Stadtverordnetenversammlung am 23.02.2023 vorbereite. So könne der Januar zur gemeinsamen Arbeit genutzt werden. Das Land stelle regelmäßig Konsolidierungsideen zur Verfügung, die Aufstellungen seien den Fraktionen durch das 2020-er Konzept bekannt. Der gemeinsame Antrag sei überdies hinaus mit der Kommunalaufsicht abgestimmt, die diesen bereits als rechtssicher bewertet habe.
Herr Dr. Böckenhauer blickt auf das in 2022 Erreichte zurück. Man habe einen Klimaschutzmanager eingestellt, der seine Arbeit aufgenommen habe. Das Nachhaltigkeitskonzept sei verabschiedet und die Stelle hierzu entfristet als Stabsstelle in den Stellenplan aufgenommen worden. Die Fraktion B‘90/GRÜNE würden sich in der kommenden Zeit dafür starkt machen, dass auch das Klimaschutzmanagement diesem Weg folgen werde. Er habe im Rahmen der letztjährigen Haushaltberatungen ausgesagt, dass seine Fraktion der klimaschädlichen Oberflächenversiegelung entgegentreten wolle. Man sei hierbei mit den Bestrebungen zur Erweiterung der Stadtwaldflächen und den Beschlüssen zum bauaufsichtlichen Vorgehen gegen die Schottergärten weitergekommen. Für 14 städtische Gebäuden werde geprüft, inwieweit Photovoltaik eingesetzt werden könne; ab 01.01.2023 gelte in Schleswig-Holstein, dass alle Nichtwohngebäude zwingend ausgerüstet sein müssen. So habe man nun die Hoffnung, dass Stadtbauamt und Stadtwerke zeitnah die Ergebnisse ihrer Prüfung vorlegen würden. Mit der Aufstellung des Kälte- und Wärmeplanes kämen die Stadtwerke aus ihrer Rolle heraus, vornehmlich Verkäufer von Energien zu sein und könne verstärkt die Organisation lokaler Alternativprozesse übernehmen. Im Rahmen eines Workshops werde man sich mit der Frage beschäftigen, wie viele und welche Wohnformen die Stadt benötige und bevorzugen werde, was auch hinsichtlich des Flächenverbrauches relevant sei. Die Umsetzung des Radwegekonzeptes sei vorangebracht und geförderte Einzelprojekte angeschoben worden. Der Zustrom von Flüchtlingen sei bislang hervorragend gemeistert worden und es sei gelungen, die Prämisse der dezentralen Unterbringung weitgehend aufrecht zu erhalten. Man rede in Neustadt in Holstein nicht nur von Bürgerbeteilung, sondern man setzte diese auch um. So werde aus einer Einwohnerversammlung heraus ein partizipativer Entscheidungsprozess mit breiter Beteiligung gute Ergebnisse für die zukünftige Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen vorbereiten. Alle Entscheidungen der Selbstverwaltung haben die Folge, dass Geld ausgegeben werde. Projekte wie Neubau und Sanierung des Küstengymnasiums, der Verwaltungsneubau und die Sanierung der Straßen treiben die Ausgaben in die Höhe. Die Fraktion B‘90/GRÜNE vermisse hierbei eine Prioritätensetzung bei den Investitionen. Der Investitionsstau der letzten Jahre lasse sich nicht beheben, wenn vermieden werden solle, dass der Schuldenberg weiter anwachse. So fordere seine Fraktion, Investitionen zurückzustellen oder zu canceln – hier sei mit den Entscheidungen in der Haushaltsvorberatung des Hauptausschusses zur ausschließlichen Sanierung des Haakengrabens und des Kreuzweges und der Streichung der Straßenausbauten begonnen worden. In dieser Ausschussitzung sei von der Verwaltung die unbefriedigende und saloppe Aussage getroffen worden, dass man sich „auch mal über die Konsolidierung des Haushaltes Gedanken machen müsse“. Vielmehr habe die Selbstverwaltung von der Verwaltung erwartet, dass das Thema Konsolidierung proaktiv spätestens mit Absehbarkeit der Zahlen ab Sommer an die Fraktionen herangetragen worden wäre. So aber sei der Eindruck entstanden, dass zunächst die Wertung der Kommunalaufsicht und des Gemeindeprüfungsamtes abgewartet werden solle. Die Fraktion B‘90/GRÜNE halte auch einige im Haushalt berücksichtigte Ausgaben für überflüssig. Nicht alle davon seien in der Vorberatung des Hauptausschusses herausgenommen worden. Die Aufrüstung mit Licht in dieser Stadt sei beispielsweise bedenklich. Lichtverschmutzung beeinträchtige die Menschen gesundheitlich und sei auch für Tierwelt schlecht. Die Ausleuchtung des Feldweges in Verlängerung des Ziegeleiweges sei genauso entbehrlich wie die Ausleuchtung des Heisterbusches. Die geplante Ausleuchtung des Radweges nach Rettin für 70 T€ entbehre eines Bedarfes. Seine Fraktion verlange, dass zukünftig alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Radverkehrskonzept, was ausdrücklich begrüßt und unterstützt werde, der Selbstverwaltung gegenüber vor einer Umsetzung begründet werden. Die Defizite der Vorjahre haben sich durch Vorlage neuer Zahlen vor Toreschluss noch stets drehen lassen, was bei diesem Haushalt aber nun nicht mehr der Fall sei. Die Fraktion B‘90/GRÜNE könnte diesen Weg bei einem Defizit von 3 Mio. €, der aktuellen Schuldenlast von über 64 Mio. € und einer vorgesehenen Kreditaufnahme von 14 Mio. € nicht mehr mitgehen. Die Schuldenlast könne nicht kurz- oder mittelfristig beseitigt werden, das Defizit hingegen schon. Solange der Fehlbetrag nicht ausgeglichen werden oder die Hoffnung bestehe, dass dieses Ziel kurzfristig erreicht werde, könne seine Fraktion dem Haushalt nicht zustimmen und habe deswegen gemeinsam mit der CDU-Fraktion beschlossen, konstruktiv an diese Problematik heranzugehen.
Die Vorsitzende erkundig sich aufgrund des Tenors der bisherigen Redebeiträge nach den Vorberatungsinhalten und -ergebnissen des Hauptausschusses zum Haushalt. Der Vorsitzende des Hauptausschusses Herr Holtfester legt dar, dass der Vorberatungsbeschluss einstimmig gefasst worden sei. Herr Dr. Böckenhauer korrigiert, dass der Vorberatungsbeschluss mit zwei Enthaltungen gefasst worden sei. Herr Holtfester fährt fort, dass in der Diskussion und innerhalb der Fraktionen deutlich geworden sei, dass deutliche Bemühungen zum Zahlenwerk vonnöten seien. Die Vorsitzende hält fest, dass die Inhalte der Vorreden konkret der Ausschussarbeit zuzuordnen seien. Der Konflikt läge darin, dass alle vorherigen Entscheidungen sowohl durch die Ausschüsse als auch die Stadtverordnetenversammlung gegangen seien und man nun am Jahresende feststelle, dass diese nicht vom Haushalt getragen würden. Herr Holtfester verweist darauf, dass die Inhalte des gemeinsamen Antrags der Fraktionen von CDU und B‘90/GRÜNE zunächst mit der Kommunalaufsicht abgesprochen werden mussten, um einen rechtlichen oder formellen Fehler auszuschließen.
Bürgermeister Spieckermann zeigt sich von der Antragsstellung irritiert. Die Vorberatung des Teilhaushaltes 2 im Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten erfolgte wie auch die des Teilhaushaltes 3 im Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss einstimmig. Die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe seien im Stadtwerkeausschuss und im Tourismusausschuss einstimmig zur Stadtverordnetenversammlung weitergeleitet worden. Im Hauptausschuss erfolgte eine Zustimmung über die Zusammenstellung der sich aus der Hauptausschussberatung ergebenden Ansatzveränderungen mit sieben Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Er sei bis zum heutigen Zeitpunkt insofern von einem Einvernehmen auch der Politik ausgegangen. Ein Defizit im Erfolgsplan in Höhe von 3 Mio. € und die Steigerung der Kreditaufnahme seien suboptimal, aber die Entwicklung habe sich seit Jahren aufgebaut. Bereits im vergangenen Jahr musste zunächst ein nicht ausgeglichener Haushalt der Kommunalaufsicht zur Genehmigung vorgelegt werden. Zahlreiche Maßnahmen und Projekte seien innerhalb des Haushaltplanes wiederzufinden, die eine hohe Kreditaufnahmelast mit sich gebracht haben, wie beispielsweise Investitionen in die Infrastrukturbereiche oder den sozialen Bereich mit den Kindergärten und Schulen – davon der größte Posten des Küstengymnasiums mit 30 Mio. €. Jede erfolgte Ausweisung von Wohngebieten würde einen Zuzug von jungen Familien mit Kindern mit sich bringen, die zu diesen Investitionen führen müssen. Die Verwaltung habe viele Mühen in die Vorbereitung des Haushaltes eingebracht und dabei Prioritäten in umzusetzende Maßnahmen gesteckt. Man habe mit der Leitung der Finanzabteilung eine Finanzbeauftragte im Hause. Die Finanzabteilung habe mit der Zusammenführung der Teilhaushalte zum Gesamthaushaltsplan für die Vorberatung im Hauptausschuss eine hervorragende Arbeit geleistet. Wären keine verwaltungsseitigen Einsparungsbemühungen erfolgt, wäre das Defizit dem ersten Entwurf nach wesentlich höher gewesen. Die Vereinbarung von Zielen, das Festlegen von Grundsätzen sei enorm wichtig, aber er sehe hierin eine Aufgabe der Kommunalpolitik, wie auch in § 27 der Gemeindeordnung umschrieben. Dieser Aufgabe hätte sich die Selbstverwaltung auch bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen vergangener Jahren stellen können. Es sei jedoch keine Streichung von Investitionen durch die Fachausschüsse in den Vorberatungen dieses Haushaltes erfolgt. Konsolidierungen ausschließlich auf die Ausgabenseite zu beschränken, mache keinen Sinn. Die Haushaltssituation müsse in Gänze betrachtet werden. Das Mittel der Haushaltssperre greife im Übrigen mit seinen internen Genehmigungsabläufen automatisch beim einem defizitären Haushalt. Werde nun heute kein Haushalt beschlossen, brauche er auch keine Haushaltssperre erlassen, da dann mit der vorläufigen Haushaltsführung nur gesetzliche und vertragliche Verpflichtungen umgesetzt werden könnten. Die im Haushalt vorgesehenen Investition könnten dann jedoch nicht getätigt werden. Auch wenn das im Jahre 2019 für 2020 aufgestellte Konsolidierungskonzept pandemiebedingt eingeschlafen sei, habe man es mit jedem Beschluss selber in der Hand über ein Anwachsen oder den Abbau des Defizits zu entscheiden.
Herr Greve signalisiert, dass die SPD-Fraktion einen Konsolidierungsprozess begleiten werde, führt aber an, dass die Selbstverwaltung sich in den vergangenen Jahren auf notwendige Beschlüsse und Ausgaben beschränkt habe und sich der Abbau des Defizits insofern schwierig gestalten werde. Wenn nun die Fraktionen von CDU und B‘90/GRÜNE einen ausgeglichenen Haushalt fordern würden, müsse dieses im Lichte eines aktuellen Antrages der Regierungskoalition im Land gesehen werden, mit dem das Land Lösungswege erarbeiten solle, um den Kommunen zu ermöglichen, ihre finanzielle Gestaltungs- und Handlungsfähigkeit zu erhalten. Dieses sei so zu interpretieren, dass ein ausgeglichener Haushalt nicht mehr oberste Prämisse sei, sondern mehr Wert auf Investitionen und Finanzierungen zu legen sei. Man übergebe der kommenden Generation nicht nur die Schulden, sondern schaffe mit den Investitionen eine gesunde Infrastruktur.
Herr Cremer widerspricht der von Herrn Schmidt getroffenen Aussage, dass die Stadt kein Einnahmeproblem habe. Sowohl die Gewerbesteuereinnahmen als auch die Schlüsselzuweisungen fallen mit insgesamt 3,4 Mio. € geringer aus als noch im Rechnungsergebnis 2021. Man investiere 17,9 Mio. €, die notwendig seien oder aber auch geschoben werden können. Aber alle diese Investitionen habe die Kommunalpolitik beschlossen. Man habe gewusst, dass das Küstengymnasium Aufwendungen von über 30 Mio. € bedinge und gemeinsam, auch mit Stimmen der CDU, beschlossen. Man könne nicht in einem Restaurant die Speisekarte komplett bestellen und sich dann über die Rechnung wundern. Er werte die gemeinsam getroffenen Entscheidungen für diese Investitionen als positiv. Sparmaßnahmen auf Landes- oder Bundesebene würden nur dazu führen, dass mit ausgebliebenen Investitionen an der Zukunft gespart werde. Nicht getätigte Investitionen würde zulasten der nachkommenden Generationen gehen.
Herr Kahl erklärt, dass er die Irritation des Bürgermeisters verstehen könne. Ohne sich im Vorwege an die Verwaltung gewandt zu haben und vor dem Hintergrund der einstimmigen Ausschussvorberatungen zum Haushalt einen Antrag bei der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorzulegen, wirke befremdlich. Die Haushalte der ablaufenden Wahlzeit seien einstimmig verabschiedet worden. Dieses unterstreiche das gemeinsame und einvernehmliche Bemühen der Selbstverwaltung, die Stadt voranzubringen und spiegele das Mittragen zahlreicher gemeinsam auf den Weg gebrachten Einzelentscheidungen wider, die in Summe in die Haushalte geflossen seien und fließen werden. In dieser Einigkeit unterscheide sich die kommunalpolitische Arbeit in Neustadt in Holstein von anderen Kommunen. Man sollte sich auch in Zukunft bemühen, gemeinsame Lösungen zu finden. CDU und B‘90/GRÜNE täten nun jedoch so, als seien sie die einzigen, die den Haushalt in Ordnung bringen wollen würden, schieben dabei der Verwaltung den schwarzen Peter zu und setzen ihr Fristen. Dabei sei die einvernehmliche Zusammenarbeit mit der Verwaltung bislang ein Garant für den Erfolg in der Politik gewesen. Die von Herrn Dr. Böckenhauer neben der Kritik an der Verwaltung erfolgte Aufzählung der aus seiner Sicht positiven Maßnahmen müsse einerseits finanziert und andererseits auch gemeinsam getragen werden. Man habe zusammen Investitionsbereiche festgelegt und müsse sich ebenso gemeinsam um Konsolidierung bemühen, wober er sich gegen Schnellschüsse – das Cap Arcona Dokumentationszentrum sei als erstes bereits genannt worden – ausspreche. Neustadt darf nicht geschichtslos sein, und dieser Punkt sei die vergangenen Jahre von allen Stadtverordneten mitgetragen worden. Da sich aufgrund des eingebrachten Antrages insgesamt ein fraktioneller Gesprächsbedarf abzeichne, beantrage er eine Sitzungsunterbrechung.
Die Vorsitzende hinterfragt angesichts einer Sitzungsunterbrechung, ob der Antrag dahingehend zu werten sei, als dass die beantragenden Fraktionen dem Haushalt nicht zustimmen würden, wenn dieser nicht angenommen werden würde. Der Haushalt könne nicht am heutigen Abend konsolidiert werden. Ihr stelle sich die Frage nach den Auswirkungen, sofern kein Haushalt verabschiedet werde. Bürgermeister Spieckermann fasst zusammen, dass es sich dem zwischenzeitlichen Vernehmen nach um einen zusätzlichen Antrag zum Haushalt handele. Die Vorsitzende dankt für diese Klarstellung, da davon ausgegangen werden musste, dass dieses so nicht dem gesamten Gremium klar gewesen sei. Herr Dr. Böckenhauer wirft ein, dass aus seinem Vortrag deutlich geworden sei, unter welchen Bedingungen die Fraktion B’90/GRÜNE dem Haushalt zustimmen würde. Herr Holtfester ergänzt, dass der Bürgermeister bereits auf die beantragten Punkte eingegangen sei. Das Ansinnen sei gewesen, dass über den Antrag vor dem Haushaltsbeschluss abgestimmt werde, so dass eine Klärung dieser Punkte für den Haushalt herbeigeführt werden würde. Herr Geusen-Rühle spricht sich dafür aus, die Rednerliste noch vor der Sitzungsunterbrechung abzuarbeiten; er wolle sich noch persönlich erklären.
Herr Reichert hebt die einhellige Zustimmung in den Vorberatungen hervor. Im Hauptausschuss habe man ausgehend von 4,7 Mio. € Defizit Streichungen auf 3,2 Mio € einvernehmlich vorgenommen und festgestellt, dass weitere Investitionsstreichungen nicht vorgenommen werden können. Mit geringeren Einnahmen in der Gewerbesteuer habe man zwar nicht rechnen können, aber es sei für ihn ein Unding, nachdem all diese Investitionen im Einzelnen beschlossen wurden, nun den Haushalt platzen lassen zu wollen.
Herr Geusen-Rühle nimmt persönlich Bezug auf Herrn Cremers und Herrn Kahls Aussagen. Der Hinweis auf die Einvernehmlichkeit zu den Investitionsentscheidungen der vergangenen Jahre sei berechtigt. So brachten die intensiven Diskussionen zur Frage Neubau oder der Sanierung des Küstengymnasiums eine mehrheitliche Entscheidung hervor. Er habe seinerzeit jedoch ausschließlich aus Kostengründen die Entscheidung mitgetragen und sich vorbehalten, gegen die Vorgehensweise zu stimmen, sobald sich abzeichne, dass die Kostenplanung unzutreffend sei. Aus diesem Grunde habe er bereits ein Jahr später gegen den Haushalt gestimmt, da bereits 2019 deutlich geworden sei, dass die Kosten durch die Decke gehen würden. Auch in diesem Jahr werde er gegen den Haushalt stimmen und so ein Zeichen setzen, in der Hoffnung, dass dieser dennoch beschlossen werde.
Bürgermeister Spieckermann weist darauf hin, dass im Übrigen im Vorbericht des Haushaltes unter Buchstabe C bereits auf die Konsolidierung eingegangen werde und die Neubildung einer Arbeitsgruppe in 2023 vorgesehen sei. Dieses werde auch eine der Forderungen der Kommunalaufsicht werden und sei ein logischer Prozess. Mit Ziffer 2 des eingebrachten Antrages werde dieser Prozess lediglich früher aufgeriffen, was unschädlich sei. Er könne gebeten werden, eine Haushaltssperre zu erlassen, was rechtlich jedoch keine Aussagekraft habe. Er habe die Finanzverantwortung und müsse bei einem defizitären Haushalt ohnehin eine Sperre ausprechen, was er in der Vergangenheit auch stets getan und die Politik hierüber jeweils umgehend informiert habe. Die Konsolidierung zu einem Fristdatum zu beantragen könne zwar erfolgen, das Ergebnis sei aber auch von der Mitwirkung der Politik abhängig. Die Selbstverwaltung sei seit November in der Haushaltsvorberatung und hätte an vielen Stellen einwirken können.
Die Vorsitzende unterbricht die Sitzungen für Fraktionsberatungen von 18:25 bis 18:41 Uhr.
Frau Giszas erklärt, dass die SPD-Fraktion dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU und B‘90/GRÜNE folgen werde, aber klarstelle, dass alle Anträge der beiden Fraktionen, die in die Beratungen eingebracht werden, zukünftig besonders auf ihre finanziellen Auswirkungen hin beleuchtet werden. Es seien wahrscheinlich diese Anträge, die Geld kosten würden und gestrichen werden könnten, nicht aber die Investitionen in das Gymnasium oder die Ausgaben für den Verwaltungsneubau.
Die Vorsitzende lässt sodann über den eingebrachten gemeinsamen Antrag der CDU-Fraktion und der Fraktion B‘90/GRÜNE, nachfolgend Ziff. 1 bis 3, und sodann über den Beschlussvorschlag entsprechend der Vorlage als Ziff. 4 einzeln abstimmen.
Bürgermeister Spieckermann wiederholt, dass er zwar gemäß Ziff. 1 um den Erlass einer Haushaltssperre gebeten werden kann, er dieses jedoch im Rahmen einer rechtlichen Aufgabe zu erledigen habe und nicht aufgrund eines politischen Beschlusses.
Beschluss: 1. Der Bürgermeister wird gebeten, eine Haushaltssperre gemäß Gemeindehaushaltsverordnung Schleswig-Holstein zu erlassen, um lediglich notwendige Ausgaben im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen zu tätigen.
2. Der Bürgermeister wird gebeten, Konsolidierungsmaßnahmen (Ausgabenreduzierungen / Verschiebungen bzw. Verzicht von Investitionen) gemeinsam mit der Selbstverwaltung zu erarbeiten. Zielsetzung ist ein ausgeglichener Haushalt.
3. Der Bürgermeister wird gebeten, bis zum 15. Februar 2023 diese Maßnahmen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
4. Die Haushaltssatzung 2023 wird wie folgt beschlossen:
§ 1
Der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2023 wird
festgesetzt.
§ 2
Es werden festgesetzt:
§ 3
Die Hebesätze für die Realsteuern werden wie folgt festgesetzt:
§ 4
Der Höchstbetrag für unerhebliche über- und außerplanmäßige Aufwendungen und Auszahlungen und Verpflichtungsermächtigungen, für deren Leistung oder Eingehung die Bürgermeisterin ihre oder der Bürgermeister seine Zustimmung nach § 82 Gemeindeordnung erteilen kann, beträgt 50.000 EUR. Der Bürgermeister ist verpflichtet der Stadtverordnetenversammlung mindestens halbjährlich über die geleisteten über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen und über die über- und außerplanmäßigen Verpflichtungen zu berichten.
§ 5
1. Gemäß § 20 GemHVO-Doppik wird je Teilhaushalt ein Budget gebildet. Demzufolge gelten die gesetzlichen Deckungsfähigkeiten gemäß GemHVO-Doppik.
2. Die Aufwendungen und zugehörigen Auszahlungen der gebildeten Budgets im Ergebnisplan sind übertragbar. Ausgenommen sind die Ansätze nicht zahlungswirksamer Aufwendungen und die Verfügungsmittel.
3. Übersteigen die Mehrerträge/Mehreinzahlungen eines Budgets die Mindererträge/Mindereinzahlungen (Anordnungssumme überschreitet die Ansätze) dieses Budgets so kann der übersteigende Betrag für Mehraufwendungen/Mehrauszahlungen innerhalb des Budgets verwendet werden.
4. Die weitere Bewirtschaftung des Haushaltsplans mit seinen Budgets richtet sich nach den in diesem Haushaltsplan enthaltenen Budgetregeln.
[1] Ohne interne Leistungsbeziehungen Abstimmungsergebnis: zu 1 bis 3: Ja-Stimmen: 31 Nein-Stimmen: 0 Enthaltungen: 0 zu 4: Ja-Stimmen: 30 Nein-Stimmen: 1 Enthaltungen: 0
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