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Auszug - Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer  

 
 
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Neustadt in Holstein
TOP: Ö 13
Gremium: Stadtverordnetenversammlung der Stadt Neustadt in Holstein Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 14.12.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:13 - 19:03 Anlass: Sitzung
Raum: Neuer Sitzungssaal des Rathauses
Ort: Am Markt 1, 23730 Neustadt in Holstein
VO/3025/23 Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Vorlage öffentlich
Bericht StvV:Vors. Hauptausschuss Herr S. SchmidtAktenzeichen:11.47.01-Kri
Federführend:122 Sachgebiet Steuern Beteiligt:12 Finanz- und Grundstücksabteilung
Bearbeiter/-in: Kripke, Eddie   

Der Vorsitzende weist nach Hinweis von Herrn Hoff darauf hin, dass dieser als Campingplatzbetreiber nicht an der Abstimmung teilnehmen werde und nach dem Sachbericht eine Stellungnahme abgeben wolle.

 

Bericht:

Der stellvertretende Vorsitzende des Hauptausschusses Herr Reichert führt gemäß Vorlage zu den steuerlichen und fiskalischen Aspekten sowie zu den Umsetzungsmöglichkeiten aus.

 

Diskussion:

Herr Hoff führt an, dass die Einführung der Stellplatzsteuer aufgrund der Haushaltslage diskutiert werde und das Gemeindeprüfungsamt diese als Einnahmemöglichkeit empfohlen habe. Die Einnahmen aus dem avisierten Jahressteueraufkommen abzüglich der prognostizierten Personalkosten seien zunächst verlockend, jedoch sei nicht alles bedacht worden. Für das notwendige Personal werde Platz benötigt, Portokosten seien – wie auch zukünftige Anwaltskosten – bislang nicht berücksichtig worden. Die vorgelegten Stellungnahmen der TALB und des Campingverbands würden von der Einführung der Steuer abraten. Er verstehe nicht, warum sich dennoch eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung für die Einführung abzeichne. Wäre es den Dauercampenden möglich, weitere finanzielle Mehrbelastungen zu tragen, hätten die Campingsplatzbetreibenden bereits vor Jahren ihre Einnahmen aus den Dauerstellplätzen gesteigert. Dieses sei aber aus Angst und Verständnis für die Klientel nicht erfolgt. Viele Camper müssten ihre Mieten in Raten begleichen. Jeder Bevölkerungsschicht würden die Kosten davonlaufen. Für die teilweise langjährigen Dauercamper sei ihr Stellplatz ein wichtiger Ausgleich. Die Steuer werde zwar bei einem Steuersatz von 9 % der Stellplatzmiete als moderat angesehen, aber die Menschen hätten dieses Geld schlichtweg nicht über und würden in andere Gemeinden abwandern müssen. Nur zwölf Gemeinden in Schleswig-Holstein würden eine Stellplatzsteuer erheben, und darunter sei, abgesehen von Scharbeutz, in ganz Ostholstein keine weitere Kommune. Die Stadt müsse sich darum kümmern, dass es ihren Gewerbebetrieben gut gehe, damit sie durch Gewerbesteuereinnahmen ihren Haushalt finanzieren könne. Die Campingplatzbetreiber könnten ihre steigenden Kosten seit Jahren nicht weitergeben und würden durch die Einführung der Steuer auch in den kommenden Jahren keine Pacht erhöhen können. Dieses führe insgesamt zu sinkenden Gewerbesteuereinnahmen aus vielen Gewerbebereichen. Er erkenne in der Absicht, die Stellplatzsteuer einzuführen, eine klare Absage an die Campingplatzbetreiber und an den Campingstandort Neustadt in Holstein. Es werde vermeidbare Bürokratie aufgebaut. Die Einführung werde die gesamte vorhandene Vernetzung der Gesellschaft zerstören. Er bezweifle die dargelegten Mehreinnahmen und prophezeie, dass mehrere hunderttausend Euro an Gewerbesteuereinnahmen aufs Spiel gesetzt werden. Campingplatzbetreiber und andere Betriebe würden eine weitere Zusammenarbeit mit der Stadt zukünftig verweigern; dieser Imageschaden für die Gemeinde sei bislang nicht berücksichtigt worden. Die Stadt müsse sich mehr auf eine Steigerung ihrer Gewerbesteuereinnahmen fokussieren, wenn sie ihren Haushalt konsolidieren wolle. Die Verträge für 2024 seien daneben bereits mit den Dauercampern abgeschlossen, die noch gar nichts von der Einführung der Stellplatzsteuer wüssten. Er bezweifle, dass dieses rechtlich sicher sei. Die Stellplatzsteuer sei darüber hinaus noch nie im Tourismusausschuss behandelt oder auf ihre Auswirkungen auf den Tourismus beleuchtet worden. Er appelliert an die Stadtverordneten, ihre Entscheidung zu überdenken. Man könne die Steuer keinesfalls für 2024 einführen und sollte auch keinen Beschluss für eine Einführung zu einem späteren Zeitpunkt fassen.

 

Herr Vowe wiederholt, dass eine Beratung im Tourismusausschuss ausgeblieben sei und die Gefahren sinkender Gewerbesteuereinnahmen unberücksichtigt blieben. Er zitiert aus einem Schreiben eines Campingplatzbetreibers und weist darauf hin, dass mit der Stellplatzsteuer vorwiegend Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen betroffen seien. Dieses sei auch bei einem Vor-Ort-Termin in Rettin deutlich geworden. Er appelliert, die Stellplatzsteuer nicht einzuführen. Alternativ beantrage er für die CDU-Fraktion, die Stellplatzsteuer auf 5 % in § 8 der Satzung festzusetzen und das Inkrafttreten in § 18 der Satzung auf 01.01.2025 zu legen.

 

Frau Giszas wiederholt, dass alle Argumente ausgetauscht seien. Der soziale Aspekt sei in den Vorberatungen behandelt worden. Sie habe im Hauptausschuss hierzu bereits vorgetragen, dass es nicht an der Steuer alleine läge, wenn man sich das Dauercampen insgesamt nicht mehr leisten könne. Die Stadt sei nicht dafür zuständig, für soziale Gerechtigkeit auf den Campingplätzen zu sorgen. Mit Augenmerk der SPD auf die Schulen, Kindergärten und Sporteinrichtungen wolle sie nicht in einem Jahr über Gebührenerhöhungen für diese von Neustädtern genutzten Einrichtungen abstimmen müssen, aber zuvor die Einführung einer Stellplatzsteuer aufgrund der vorgebrachten Einwände verworfen haben. Die TALB spreche sich im Übrigen weniger deutlich als dargestellt gegen die Steuer aus, vielmehr schließe sie mit der Feststellung, dass sie keine eindeutige Position zu diesem Thema einnehmen könne, da ihr für eine belastbare Bewertung zu den finanziellen Effekten einer Stellplatzsteuer im Sinne der Haushaltskonsolidierung notwendige Informationen fehlen. Defizite des Tourismus-Services wären jahrelang geschluckt worden, doch trete auch nun im Tourismusausschuss eine andere Denkweise auf, die zu geringeren Investitionen, einem reduzierten Defizit und einen achtsameren Umgang mit der Umlage auf die Tourismusabgabe führe. Hieran müsse zwar weitergearbeitet werden, aber die Stadt könne nicht auf die Einnahmen einer Stellplatzsteuer verzichten.

 

Herr Gerthenrich bekundet, dass die BGN-Fraktion dem Beschlussvorschlag größtenteils mittrage und ihr dabei bewusst sei, dass die Einführung zusätzlicher Steuern immer kritisch zu bewerten sei. Der Haushalt der Stadt gebe jedoch das Hauptargument für die Stellplatzsteuer. Für 2027 werde ein Schuldenstand von 80 Mio. € prognostiziert. Er verstehe die Sorgen der Campingplatzbetreiber, die auch anlässlich des Vor-Ort-Termins vorgetragen wurden. Dauercamper bieten eine wirtschaftliche Sicherheit für die Gewerbetreibenden. Die Begeisterung für Camping sei weiterhin ungebrochen hoch. Die Neustädter Plätze mit ihrer Nähe zum Südstrand seien Premiumplätze. Man müsse die Stellplatzsteuer als ein Zahnrad des Haushaltes sehen. Er werde – im Gegensatz zur Landesregierung – keinen Streichungen im Bereich der Bildung für Neustadt in Holstein zustimmen. Er stimme der Aussage in der vorgestern versandten Eingabe eines Campingplatzbetreibers zu, dass die Auswirkungen der Stellplatzsteuer nur schwer vorhersehbar seien. Die BGN werde in einem Jahr genau schauen, ob die Entwicklung den Prognosen der Verwaltung entspricht, der bürokratische Aufwand vertretbar ist oder überhaupt zu einem finanziellen Gewinn führt. Die BGN habe keine Probleme damit, die Steuer bei negativen Auswirkungen auch wieder abzuschaffen.

 

Herr Dr. Böckenhauer erinnert an die mehrmaligen und intensiven Vorberatungen. Man hätte, da alle Argumente ausgetauscht seien, eigentlich nach Vorlage abstimmen können, dennoch würden die Gegner der Einführung der Stellplatzsteuer weiter ihre Aussagen vortragen. Er bekräftigt die von Frau Giszas vorgebrachten Punkte. Die Fraktion Die Unabhängigen würden der Vorlage zustimmen. Man diskutiere in der Stadt sehr lange bereits über die Ausbaubeiträge und sei dabei in einem sehr umfassenden und demokratischen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wenn diesen nun im kommenden Jahr ggf. mitzuteilen sei, dass die Ausbaubeiträge mit Blick auf die Haushaltslage möglicherweise beibehalten würden aber gleichzeitig ein Verzicht auf die Stellplatzsteuer erklärt werden würde, würde dieses auf kein Verständnis treffen.

 

Herr Stein unterstreicht die von Frau Giszas und Herrn Dr. Böckenhauer vorgetragenen Argumente. Auch die von Herrn Gerthenrich angeführte Überprüfung im kommenden Jahr würde mitgetragen werden. Die Fraktion B‘90/GRÜNE werde der Vorlage zustimmen.

 

Herr Drechsler führt an, dass er durchaus für die von Herrn Hoff beeindruckend geschilderten Befürchtungen Verständnis habe. Er erinnert dennoch an die CDU gerichtet, auch wenn er damit womöglich Äpfel mit Birnen vergleiche, an die von Herrn Geusen-Rühle im Dezember 2022 bezüglich der Änderung der Liegeplatzentgelte getroffene Aussage, dass dieser es sehr bedauert habe, wenn die Erhöhung dazu führte, dass jemand sein Hobby nicht mehr ausführen könnte, aber um Verständnis gebeten wurde, dass vor dem Hintergrund des Zahlenwerkes keine andere Entscheidung getroffen werden konnte. Auch jetzt lasse der Haushalt schlichtweg keine andere Entscheidung zu.

 

Herr Albers geht direkt auf die von Herrn Drechsler genannte Aussage zur Liegeplatzentgelterhöhung im vergangenen Jahr ein. Die Deckung von Kosten über die Festsetzungen von Entgelten könne nicht mit dem Erschließen neuer Finanzierungsmöglichkeiten durch die Einführung einer Steuer verglichen werden. Der von Frau Giszas als SPD-Fraktionsvorsitzende vorgetragenen Standpunkt, dass Dauercamper einfach wegbleiben sollten, wenn ihnen die Stellplatzsteuer zu teuer wäre, sei äußerst zynisch und lasse auf kognitive Dissonanz schließen. Wäre diese Aussage so seitens der CDU getroffen worden, wäre diese in der Luft zerrissen worden. Die Stadt käme trotz durchschnittlichen Gewerbesteuereinnahmen von 6,5 Mio. € nicht mit ihren Geldern aus. Die Einnahmen würden nicht trotz, sondern wegen des Tourismus erzielt. Die Einführung der Stellplatzsteuer sei das falsche Signal an diejenigen, die diese Einnahmen bescheren.

 

Bürgerbeteiligung:

Seitens eines in Rettin ansässigen Campingplatzbetreibenden wird bekundet, dass die Gewerbetreibenden und Unternehmer in der Stadt gerade „einen Arschtritt“ bekämen. Seine Gäste würden sehr verärgert sein, während die Bedenken in der Stadtverordnetenversammlung mit einem Lächeln abgetan würden. Die Verträge mit den Dauercampern seien für 2024 bereits im Zeitraum August bis Oktober geschlossen worden. tten die Dauercamper gewusst, dass eine Stellplatzsteuer eingeführt werden sollte, hätten einige aufgrund der Mehrkosten keinen Vertrag abgeschlossen. Herr Hoff habe hier zurecht seine Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit angeführt. Eine vorherige Einbindung der Unternehmer vor Ort sei in der gesamten Entscheidungsfindung gänzlich ausgeblieben.

 

Diskussion:

Frau Giszas erklärt, dass sie nie gesagt habe, dass sie keine Dauercamper in der Stadt haben wolle. Diese Unterstellung passe zur CDU und ihrer Klientelpolitik. An den vortragenden Campingplatzbetreiber gerichtet erläutert sie, dass das Thema nicht zum ersten Mal und konkret bereits wieder seit Sommer dieses Jahres diskutiert werde, so dass die Möglichkeit bestanden habe, die Vertragsnehmer hierauf aufmerksam zu machen.

 

Bürgerbeteiligung:

Der Vorsitzende des Gewerbevereins Herr Sven Muchow führt zu seiner vor Sitzungsbeginn an die Fraktionsvorsitzenden verschickten Stellungnahme aus, dass ein Kaufkraftverlust in Millionenhöhe in vielen Betrieben befürchtet werde. Die Fluktuation der Dauercamper werde deutlich höher sein, als angenommen. Sie werde zu einem Wechsel hin zum touristischen Campen führen, der zwar einen höheren Gästewechsel in der Hauptsaison mit sich bringe, aber weniger Kaufkraft in der Nebensaison verursache. Innerhalb des Gewerbevereines werde die Klientel der Dauercamper als stark an Neustadt gebundene Gruppe gesehen, die die wirtschaftlichen und kulturellen Angebote der Stadt intensiv nutzen würden. Es sei nicht richtig, diesen Umstand zu bagatellisieren.

 


Beschluss:

1. Der in § 8 festgelegte Steuersatz ist auf 5 % des Mietwertes zu senken.

 

2. Das in § 18 (1) genannte Datum des Inkrafttretens der Satzung ist auf den 01.01.2025 zu ändern.

 

3. Die Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer wird beschlossen.

 


Abstimmungsergebnis:

zu 1: Ja-Stimmen: 8 Nein-Stimmen: 19 Enthaltungen: 0

zu 2: Ja-Stimmen: 8 Nein-Stimmen: 18 Enthaltungen: 1

zu 3: Ja-Stimmen: 19 Nein-Stimmen: 8 Enthaltungen: 0

 

Herr Hoff ist bei den Abstimmungen nicht anwesend.