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Vorlage - VO/3025/23  

 
 
Betreff: Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer
Status:öffentlichVorlage-Art:Vorlage öffentlich
Bericht StvV:Vors. Hauptausschuss Herr S. SchmidtAktenzeichen:11.47.01-Kri
Federführend:122 Sachgebiet Steuern Beteiligt:12 Finanz- und Grundstücksabteilung
Bearbeiter/-in: Kripke, Eddie   
Beratungsfolge:
Hauptausschuss Vorberatung
04.10.2023 
Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
01.11.2023 
Sitzung des Hauptausschusses zurückgestellt   
06.12.2023 
Sitzung des Hauptausschusses ungeändert beschlossen   
Stadtverordnetenversammlung der Stadt Neustadt in Holstein Entscheidung
14.12.2023 
Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Neustadt in Holstein ungeändert beschlossen   

Sachverhalt:

a)

Steuerliche/fiskalische Aspekte


Die Einführung einer Stellplatzsteuer war bereits am 20.07.2016 Gegenstand einer Beratung im Hautpausschuss. Seinerzeit war von der Erstellung eines Satzungsentwurfs abgesehen worden.

Das Gemeindeprüfungsamt macht in seinem Abschlussbericht über die überörtliche Prüfung der Stadt Neustadt in Holstein für die Jahre 2013 2017 hinsichtlich der Stellplatzsteuer folgende Anmerkung:

Das GPA hatte bereits im Bericht über die überörtliche Prüfung für die Jahre 2005 - 2012 angeregt, die Einführung einer Stellplatzsteuer zu überprüfen, da sich nach verwaltungsseitigen Vorermittlungen nennenswerte Einnahmen generieren lassen würden. Die Einführung wurde seinerzeit durch die Stadt Neustadt i. H. zunächst abgelehnt, da bisher landesweit keine fundierten Erfahrungen vorlägen und aufwendige Verwaltungsgerichtsverfahren vermieden werden sollten.

Nach Auffassung des GPA ist die Stellplatzsteuer mittlerweile etabliert, nennenswerte verwaltungsgerichtliche Problemstellungen sind nicht bekannt und das vorhandene Satzungsmuster kann als grundsätzlich gut brauchbar angesehen werden. Das GPA erneuert seine Empfehlung, für das Gebiet der Stadt Neustadt i. H. eine Stellplatzsteuer einzuführen.“

 

Zuletzt hat der Hauptausschuss am 19.09.2018 beschlossen, die Einführung zunächst zurückzustellen.

Im Rahmen der diesjährigen Konsolidierungsgespräche wurde das Thema erneut aufgegriffen. Die Verwaltung hat die Aufgabe erhalten, die Umsetzbarkeit zu prüfen und Stellungnahmen der entsprechenden Stakeholder einzuholen.

 

Die durchschnittliche Stellplatzmiete kann nur anhand der im Internet veröffentlichten Preislisten der Platzbetreiber grob geschätzt werden. Hierbei ist zu beachten, dass nicht alle Betreiber Ihre Preise konkret veröffentlichen und dass in der Regel die Nebenkosten nicht aufgeführt sind.

Ausgehend von einer jährlichen Stellplatzmiete inkl. Nebenkosten von ca. 1.700,00 € (dies wird für realistisch gehalten) und einem Steuersatz von 9 % (durchschnittlicher Steuersatz der erhebenden Gemeinden = 8,91 %), wäre also ein erzielbares Jahressteueraufkommen von ca. 270.000,00 € denkbar

 

b)

Touristische, wirtschaftliche Aspekte

 

Anliegende Stellungnahmen (TALB, Städteverband, BVCD S.-H.) beleuchten die Thematik aus tourismuswirtschaftlicher Sicht.

Es wird ersichtlich, dass teilweise nicht unerhebliche Bedenken bestehen.

 

Insbesondere der Bundesverband der Campingwirtschaft / Landesverband Schleswig-Holstein e.V.lt die Steuer für unverhältnismäßig und sozial unverträglich. Es wird eine weitere Belastung der Dauergäste neben der Kurabgabe gesehen, welche im Hinblick auf allgemeine Preissteigerungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des in Rede stehenden Personenkreises gefährden könnten.

Weiterhin wird auf einen Wettbewerbsnachteil der hiesigen Campingplätze hingewiesen, welcher Auswirkungen auf das Gewerbesteueraufkommen und auf den Arbeitsmarkt nach sich ziehen könnte. Es werden negative Auswirkungen auf die Umsätze anderer Gewerbetreibenden und ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand gesehen. Die Frage, ob nicht auch Liegeplatzinhaber heranzuziehen sein würden, wird unter Punkt c) näher beleuchtet.

 

Die Tourismus-Agentur Lübecker Bucht bezieht sich auf allgemeine tourismusmarktspezifische Aspekte. Eine Stellungnahme speziell zur Zweckmäßigkeit einer Stellplatzsteuer sei mangels weiterer Informationen nicht möglich; es wird ausdrücklich keine eindeutige Position zu diesem Thema eingenommen.

 

Der Städteverband Schleswig-Holstein bestätigt die Rechtmäßigkeit einer Stellplatzsteuer und rät, das Aufwand-/Nutzenverhältnis im Auge zu behalten.

 

Die vorgebrachten Argumente wären mit der Pflicht der Stadt, ihre möglichen Einnahmen auch zu verwirklichen, abzuwägen. Esre ggf. das Gespräch mit den Betreibern/Betreiberinnen zu suchen.

 

c)

Zulässigkeit

 

Gemäß § 3 Abs. 1 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, soweit sie nicht dem Land vorbehalten sind. Das Aufkommen einzelner Steuern darf nicht bestimmten Zwecken vorbehalten werden.

 

Die Gemeinde Westerholz, Kreis Schleswig-Flensburg, erhebt diese Steuer seit 2002. Sie war dort zunächst im Rahmen der Zweitwohnungssteuersatzung erhoben worden. Obwohl die Stellplatzsteuer im Wesen der Zweitwohnungssteuer entspricht, stellte das Verwaltungsgericht klar, dass die Stellplatzsteuer in einer gesonderten Satzung geregelt werden müsse. Die Erhebung in Westerholz erfolgt seit 2005 deswegen mittels einer separaten Satzung.

Zwischenzeitlich haben neben Westerholz weitere Gemeinden (Behrensdorf, Blekendorf, Glücksburg, Heikendorf, Munkbrarup, Langballig, Scharbeutz, Schönberg, Stakendorf, Stein, Wendtorf) die Steuer eingeführt. Die Steuer ist mittlerweile auch in anderen Bundesländern etabliert.

Die Erhebung wurde, soweit dem Sachgebiet Steuern bekannt ist, in der Stadt Fehmarn und in der Gemeinde Dersau verworfen.

 

Die Steuer wird erhoben für das Abstellen eines Mobilheimes, eines Wohnmobiles oder eines Wohn- oder Campingwagens auf einem Stellplatz für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum. Dieser Zeitraum wäre satzungsmäßig zu definieren (in den genannten Gemeinden wurden mehr als 49 oder 50 Tage als nicht nur vorübergehend festgelegt). In einigen Gemeinden sind auch Zelte umfasst, was aber in der Praxis ein absoluter Ausnahmefall sein dürfte.

 

Der Steuersatz beläuft sich in den o.g. Gemeinden auf 5 % bis 12 % der Stellplatzmiete inkl. Nebenkosten. Hinsichtlich des zu besteuernden Mietwertes wird häufig auf die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Jahresrohmiete Bezug genommen. Dies sollte unterbleiben; die genannte Regelung entfällt ab 2025 (Stichwort Grundsteuerreform).

 

Die Satzung der Gemeinde Westerholz wurde durch Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.01.2006 (Az.: 2 KN 1/05) für rechtmäßig erachtet. Bei der Stellplatzsteuer handle es sich um eine Aufwand-steuer, die durch die Gemeinden erhoben werden dürfe. Besteuert werde der Aufwand für einen Wohnwagen pp., der insbesondere die Erwerbskosten für das Fahrzeug sowie die Stellplatzkosten umfasse.

Dies sei in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte inzwischen allgemein anerkannt (auch VGH Baden-Württemberg, OVG Magdeburg, VG Köln, VG Münster, VG Trier).

Auch die Höhe und die Bemessungsgrundlage, die die Gemeinde Westerholz gewählt hat (10 % der Stellplatzmiete), wurden durch das OVG Schleswig für rechtmäßig erachtet.

 

Die Erhebung einer Stellplatzsteuer ist in Schleswig-Holstein also grundsätzlich zulässig.

 

Im Zuge der früheren Beratungen trat die Frage auf, ob bei Einführung einer Stellplatzsteuer auch Liegeplätze besteuert werden könnten oder müssten.

Eine Liegeplatzsteuer wird nach Kenntnis des Sachgebiets Steuern in keiner deutschen Kommune erhoben, so dass im Klagefall ein rechtlich relevanter Konflikt nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden könnte. Auch externe rechtliche Bewertungen sind hier nicht bekannt und müssten ggf. von hier in Auftrag gegeben werden.

Allerdings knüpft der Steuertatbestand der Stellplatzsteuer an Voraussetzungen an, die auf Liegeplätze - wenn überhaupt - in keinem vergleichbaren Umfang zutreffen dürften. Der Stellplatzsteuer unterliegen nur Mobilheime, Wohnmobile u.a., die nicht nur vorübergehend abgestellt werden. Diese Einschränkung ist notwendig, weil nur ein über der Norm liegender (finanzieller) Aufwand besteuert werden darf. Ein nicht nur vorübergehender Zeitraum wäre in der Satzung zu definieren und sollte größer sein als die Dauer eines üblichen Jahresurlaubs, z.B. mehr als 49 Tage.

Die Stellplatzsteuer knüpft also an die Belegenheit einer Sache (Mobilheim o.a.) im Gemeindegebiet an (Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.01.2006, Az.: 2 KN 1/05). Es ist aber zu vermuten, dass ein Boot, welches in der Regel dazu dienen dürfte, gefahren zu werden - sich also vom Liegeplatz fortzubewegen - durch seine Mobilität mit Mobilheimen nicht unbedingt vergleichbar ist. Diese können zwar auch bewegt werden, dienen aber in größerem Umfang dem Wohnen vor Ort, also auf dem Stellplatz.

Im Bereich des Steuerrechts ist der Normgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden. Bei der Schließung von Steuerquellen hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit (o.g. Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts). Gleiches darf aber nicht ungleich behandelt werden. Ob ein Liegeplatz jedoch nach den vorgenannten Ausführungen aufwandsteuerlich tatsächlich mit einem Stellplatz vergleichbar ist, erscheint fraglich.

Im Übrigen ist durch die Rechtsprechung zur Stellplatzsteuer festgestellt worden, dass diese zwar keine Unterform der Zweitwohnungssteuer darstellt, aber mit dieser im Zusammenhang steht, da es sich auch bei Mobilheimen u.a. um Wohngelegenheiten handelt.

Der Befürchtung, dass die Erhebung einer Stellplatzsteuer eine Verpflichtung zur Erhebung einer (nicht etablierten) Liegeplatzsteuer nach sich zöge, ist entgegenzuhalten, dass zweitwohnungssteuererhebende Gemeinden nicht verpflichtet sind, auch eine Stellplatzsteuer zu erheben.

 

d)

Umsetzung

 

Mithilfe der Daten, die dem Sachgebiet Steuern aus der Fremdenverkehrsabgabe und dem Saisontourismusbeitrag vorliegen, wurde ermittelt, dass mit ca. 1.800 Steuerfällen gerechnet werden könnte.

 

Aufgrund der Anzahl der Steuerfälle und des Umstandes, dass diese einer hohen Fluktuation unterliegen, sowie unter Berücksichtigung des erforderlichen nicht ganz unkomplizierten Erhebungsverfahrens (jährliche Bearbeitung jedes Einzelfalles wegen wechselnder Mieten, Anforderung und Verarbeitung einer Steuererklärung über gezahlte Stellplatzmiete und tatsächlich Aufstellung eines Wohnwagens) muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass diese neue Steuer durch das Sachgebiet Steuern nicht ohne Personalverstärkung abgewickelt werden könnte. Grob geschätzt dürfte davon ausgegangen werden, dass die Abwicklung 20 Wochenstunden erfordern dürfte. Es wäre darüber hinaus vor allen Dingen in der Anfangszeit - mit einer gewissen Zahl von Einwendungen, Widersprüchen und Klagen zu rechnen, so dass innerhalb des Sachgebiets evtl. auch Veränderungen der Aufgabenverteilung vorzunehmen wären.

 

 

e)

Satzungsgestaltung:

 

Als Anlage ist der Entwurf einer städtischen Stellplatzsteuersatzung beigefügt. Hierbei wurde (abweichend von den Satzungen anderer Gemeinden, außer der Stadt Glücksburg) von der Erhebung von Vorauszahlungen abgesehen. Die Steuer wäre also jeweils im Folgejahr zu entrichten. Dies hätte den Nachteil, dass die Steuer für das Jahr 2024 erst in 2025 fließen würde. Trotzdem wird dieses Verfahren für zweckmäßig gehalten, denn die Erhebung würde ohne die Festsetzung von Vorauszahlungen (welche nach der zu berücksichtigenden Rechtsprechung in jedem Einzelfalle später abzurechnen wären - auch dann, wenn sich keine Betragsänderung ergibt) erheblich vereinfacht, was niedrigeren Personalaufwand zur Folge hätte.

 

f)

Fazit:

 

Mit Blick auf die Zulässigkeit der Steuer und der zu erwartenden Einnahmen, welche auch unter Berücksichtigung entstehender Personalkosten nicht unerheblich wären, kann in Anbetracht der finanziellen Gesamtsituation der Stadt nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Einführung einer Stellplatzsteuer sinnvollre.

 

Selbstverständlich wäre aber zu bedenken, dass diese im touristischen Wettbewerb nicht eben als förderlich anzusehen wäre. Die Campingplatzbetreiber/innen würden darüber hinaus sicherlich nicht ganz zu Unrecht einwenden, dass die Einführung dieser Steuer ihre Marktposition negativ beeinflussen könnte.

 

 


Beschlussvorschlag:

Die Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer wird beschlossen.


Finanzielle Auswirkungen:

Finanzielle Auswirkungen:

 Ja: 

 Nein:

 

Gesamtaufwand:

 

bzw. Gesamtauszahlungen: €

Folgekosten:

 

Mittel stehen zur Verfügung:

 ja:

Budget:

 

 nein:

Deckungsvorschlag:

Bemerkungen:

 

 

Nachhaltigkeitseinschätzung:

Nachhaltigkeits-

aspekte

Klimaschutz

Energie

Flächen und Ressourcen

Klimaanpassung

Umweltverträgliche Mobilität

Gesundheit

Sicherheit

Chancengleichheit und Teilhabe

Bildung

Freizeit und Kultur

Wirtschaftsstandort

Arbeitsplätze und Fachkräfte

Lokale und regionale Wertschöpfung

Wohnraumangebot

Regionale und überrergio­nale Auswirkungen

fördernd

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

hemmend

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Anlage/n:

Entwurf Satzung über die Erhebung einer Stellplatzsteuer

Stellungnahme Städteverband

Stellungnahme Tourismus Agentur Lübecker Bucht AöR

Stellungnahme Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland, Landesverb. S.-H. e.V.

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Stellplatzsteuersatzung (18 KB)      
Anlage 2 2 öffentlich Städteverband, Stellungnahme Stellplatzsteuer (38 KB)      
Anlage 3 3 öffentlich Stellungnahme BVCD (971 KB)      
Anlage 4 4 öffentlich Stellungnahme TALB (1498 KB)