Bürgerinfosystem Neustadt in Holstein
Bericht: Die Vorsitzende des Ausschusses für gesellschaftliche Angelegenheiten Frau Spiegel berichtet gemäß Vorlage und führt kurz aus der Antragsbegründung zur Person August Roßburg aus.
Diskussion: Herr Kahl weist zunächst kurz darauf hin, dass es heute auch seine letzte Stadtverordnetenversammlung nach 45-jähriger ehrenamtlicher Tätigkeit in der Kommunalpolitik sei und resümiert die in diesem Zeitraum abgeschlossenen Hauptthemenfelder. Sodann begründet er ausführlich den Antrag der SPD-Fraktion und führt zu den der Anlage zur Vorlage ersichtlichen Aspekten aus. Die Vorberatungen aufgreifend erläutert er, dass die Gedenktafel im Rathaus als einzig sinnvolle Örtlichkeit aufgestellt werden solle. Dieses sei der Ort gewesen, an denen die Mitbürger ihr Ehrenamt ausgeübt hätten, was ihnen später zum Verhängnis geworden sei. Auch sei in der Begründung dargelegt, welche Neustädter Bürger betroffen seien und damit auf die Gedenktafel gehörten. Einzig August Roßburg sei als Neustädter Bürger in einem KZ ums Leben gekommen.
Herr Schmidt bekundet, dass die CDU-Fraktion in dem Beschluss durchaus Herausforderungen erkenne. Erinnerungskultur sei unstrittig wichtig, aber man sei der Auffassung, dass der nicht einstimmig gefasste Beschlussvorschlag zu ungenau definiert sei. Die Beauftragung eines externen Historikers erschließe sich nicht, ebenso die vorgesehenen Kosten von 3.000 € ohne jegliche Angebotseinholung. Das Rathaus als Ort sei durchaus plausibel, aber die Räumlichkeit nicht näher beschrieben. Die Ausgestaltung der Gedenktafel sei der Selbstverwaltung nicht vorgestellt worden. Das Thema solle dahingehend weiter im Ausschuss behandelt werden, so dass die CDU-Fraktion eine Rückverweisung an den Ausschuss für gesellschaftliche Angelegenheiten beantrage.
Herr Dr. Böckenhauer erklärt, dass die Fraktion B‘90/GRÜNE ausdrücklich und außerordentlich den Vorstoß des Stadtverordneten Kahl und den Antrag der SPD-Fraktion zur Beauftragung einer Gedenktafel begrüßen würden. In Begründung und Sachverhalt seien dezidiert die Personen benannt. Die von der CDU geforderte Präsentation einer Ausgestaltung sei ohne erfolgte wissenschaftliche Inhaltsbegleitung noch gar nicht möglich. Es gehe bei diesem Antrag nicht ausschließlich um Geschichte, sondern es zeige auch die Auswirkungen von dem, was man heute an gesellschaftlicher und politischer Spaltung und Haß zunehmend erlebe - eine Erinnerung sei heute wichtiger denn je. Was läge also näher als an diese Menschen zu erinnern, die das ausübten, was man als Stadtverordneter heute mache. Er könne sich nicht vorstellen, dass auch nur eine oder ein Stadtverordneter der Vorlage nicht zustimmen wolle und appelliert, an dem ausgearbeiteten Beschluss festzuhalten.
Herr Reichert begrüßt, dass eine fachliche Verifizierung der Beteiligten und der Umstände erfolgen solle. Er gibt zu bedenken, dass der Kontext der Deportationen umfangreich an der Gedenktafel zu erläutern sei und bezweifelt, dass der vorgesehene Kostenrahmen hierfür ausreiche. Noch vor wenigen Tagesordnungspunkten habe man dem Konsolidierungskonzept zugestimmt. Er werde sich seiner Stimme enthalten.
Frau Spiegel erinnert, dass der gegenwärtige Prozess des Zweifelns in der Stadtverordnetenversammlung bereits beim Thema Ehrenmal am Heisterbusch mit der Inschrift „Flamme empor“ vorgelegen habe. Der wichtige geschichtliche Kontext sei seinerzeit durch einen Geschichtsleistungskurs des Gymnasiums, dem Stadtarchivar und Herrn Kahl hergestellt worden. Zu der heute zu behandelnden Gedenktafel sei hingegen die meiste Arbeit bereits fundiert erfolgt und von Herrn Kahl den Gremien vorgelegt worden. Sie pflichtet Herrn Dr. Böckenhauer bei, dass eine Erinnerung an die damaligen Verbrechen notwendig sei – und um nichts Anderes gehe es bei dem Antrag der SPD-Fraktion. Sie mahnt, nicht in noch weitere Diskussionen mit unerheblichen Scheinargumenten zu verfallen, sondern einfach über den Tagesordnungspunkt abzustimmen.
Frau Giszas unterstreicht sich an die CDU-Fraktion wendend, dass es den Stadtverordneten obläge, den Antrag anzunehmen oder diesen abzulehnen. Die finanziellen Aufwendungen seien daneben durch vorgesehene Einsparungen im Kulturbereichsbudget gedeckt; es handele sich um keine Mehrausgaben. Es sei nicht das erste Mal, dass ein dahingehender Antrag der SPD-Fraktion nicht mitgetragen werde. Anstatt einfach Farbe zu bekennen die Angelegenheit erneut in den Fachausschuss schieben zu wollen, lasse auf einiges schließen. Die heutige Generation habe Fragen zur NS-Zeit, die schlichtweg beantwortet werden müssten.
Herr Marggraf beantragt eine Sitzungsunterbrechung für fraktionsinterne Beratungen.
Der Vorsitzende unterbricht antragsgemäß die Sitzung von 21:27 bis 21:38 Uhr und teilt nach Wiederaufnahme der Sitzung mit, dass der von Herrn Schmidt gestellte Antrag auf Rückverweisung zurückgezogen wurde. Dem folgend lässt er entsprechend der Vorberatung abstimmen.
Beschluss: Der Bürgermeister wird beauftragt, eine Gedenktafel zur Erinnerung an die ehemaligen Stadtverordneten, welche durch die NS-Diktatur verfolgt und zu Opfern wurden, im Rathaus in Auftrag zu geben.
Abstimmungsergebnis: einstimmig
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