Bürgerinfosystem Neustadt in Holstein

Auszug - Informationsveranstaltung zum Küsten- und Hochwasserschutz  

 
 
öffentliche/nichtöffentliche Sondersitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 16.09.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 19:30 - 21:59 Anlass: Sitzung
Raum: Aula der Gemeinschaftsschule
Ort: Schulstraße 2, Neustadt in Holstein
VO/2688/21 Informationsveranstaltung zum Küsten- und Hochwasserschutz
     
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Vorlage öffentlich
Federführend:3 Bauamt Bearbeiter/-in: Mittmann, Eckhard

Herr Prof. Dr. Fröhle stellt sich kurz vor und referiert anhand einer Präsentation zum Thema Klimawandel und Küstenschutz.

Die meisten Menschen denken beim Stichwort Ostsee an Sommer, Sonne und Baden. Andererseits können durch Hochwasser-Ereignisse HW 200 (statistisch alle 200 Jahre) mit 2,40 m über NN, HW 100 (alle 100 Jahre) mit 2,30 m über NN oder HW 20 (alle 20 Jahre) mit 2,00 m über NN Sachgüter und auch Menschen zu Schaden kommen. In den hochwassergefährdeten Bereichen von Pelzerhaken und Neustadt können 450 Menschen von solchen Ereignissen betroffen sein.

In den Zeiten vor dem menschengemachten Klimawandel betrug der Anstieg des Meeresspiegels 10 bis 20 cm in 100 Jahren. Die Prognosen für den Anstieg des Meeresspiegels gehen heute davon aus, dass 50 bis 100 cm Erhöhung in den nächsten 100 Jahren zu erwarten sind.

Die mittleren Wellenhöhen in der Ostsee können in einem Bereich von + 5 % oder – 5 % schwanken.

Die Gesellschaft müsse sich die Frage stellen, wie sie mit den Folgen des Klimawandels umgehen wolle.

Auch die Frage, ob genug Sand für den Bau von Hochwasser-Schutzanlagen vorhanden ist und ob es Ansätze zum Recycling von Sand gibt, müsse beantwortet werden.

 

Auch Herr Dr. Ahrendt von der CAU in Kiel nutzt für seinen Vortrag eine Präsentation.

Küsten- und Hochwasserschutz stehe in der Verantwortung der jeweiligen Gemeinde, außer es handelt sich um sogenannte Landesschutzdeiche. Grundsätzlich weise die Ostsee eine Ausgleichsküste auf, was bedeute, dass durch Wellenschlag und Strömung Bodenpartikel (Sedimente) beispielsweise im Bereich von Steilküsten herausgelöst, transportiert und an anderen Stellen der Küste wieder abgelagert werden. Dieser natürliche, dynamische Prozess ist z.B. durch Buhnenbau in geringem Maß beeinflussbar.

Herr Dr. Ahrendt zeigt eine Tabelle der mittleren Strandbreiten im Bereich von Neustadt und berichtet von einer Laser-Scan-Befliegung der Ostseeküste mit einem Raster von 1 x 1 m.

Anschließend erläutert er die verschiedenen Möglichkeiten von alternativen Küstenschutzmaßnahmen, die im Rahmen des Projekts KOMMRUEBER entwickelt und teilweise auch ausprobiert wurden.

 

Folgende alternative Küstenschutzmaßnahmen werden von Herrn Dr. Ahrendt benannt:

  • Treibseldüne (wurde bereits in Eckernförde-Noer genutzt)
  • Bodenverfestigung durch pH-Wert-Erhöhung
  • Seegrasmatten die mit Samen oder Pflanzen im Flachwasserbereich abschnittsweiseeingebaut werden
  • Riffe die aus Steinschüttungen bestehen (im Flachwasserbereich vor dem Umwelthaus vorhanden)
  • Bodenschwellen die im Flachwasser halten im Rücklauf der Welle Sedimente zurückhalten
  • Palisaden auf dem Strand haben in Kellenhusen innerhalb von 4 Monaten zu 40 cm Sedimenterhöhung geführt
  • mobiler Hochwasserschutz in niedrig gelegenen städtischen Arealen
  • Rückbauten von Buhnenhälsen und –köpfen
  • Überlaufdeiche
  • Wiedervernässung von Hinterlandarealen

 

Als Treibsel bezeichnet Herr Dr. Ahrendt das sogenannte Angespül aus einer Mischung von Seegras, Algen, Muscheln und Krebsen.

 

Diskussion:

Herr Holtfester möchte wissen, ob Herr Dr. Ahrendt Treibsel als Grundstoff für den Küstenschutz präferieren würde.

Herr Reil würde diese Form des Recyclings von Seegras sehr begrüßen, hält die Umsetzung aber für schwierig.

Herr Heckel ergänzt, dass die Untere Naturschutzbehörde Vorbehalte gegen die

Nutzung von Seegras als Material im Küstenschutz haben könnte.

Herr Dr. Ahrendt erklärt den Aufbau einer künstlichen Düne aus Treibsel. Zunächst werde im Bereich des Strandes unmittelbar vor den Dünen der anstehende Sand bis 1,50 m Tiefe ausgehoben. Anschließend werde dort eine 3 m dicke Schicht mit Treibsel eingebracht und diese wiederum mit dem zuvor gewonnenen Aushub abgedeckt. Als Letztes erfolge eine Bepflanzung mit Strandhafer, der die künstliche Düne stabilisiert.

Frau Weise vertritt die Auffassung, dass die Treibseldüne bei einem größeren Hochwasser vermutlich weggespült würde.

Herr Prof. Dr. Fröhle ergänzt, dass es im Fall der tiefliegenden Teile von Pelzerhaken darum gehe, ein 200-jähriges Hochwasser-Ereignis möglichst schadlos abzuhalten. Dies könnte auch mit künstlichen Dünen erfolgen, die aber deutlich breiter sein müssen.

Herr Dr. Ahrendt erklärt, dass die vorgestellten Verfahren zum alternativen Küstenschutz mehr Lösungen für die Strandverbesserung darstellen, aber nicht dem Schutz vor Hochwasser dienen.

 

Es wird eine zehnminütige Lüftungspause eingeschoben.

 

Herr Prof. Dr. Heerten zeigt in seiner Präsentation eine ganze Reihe von Bildern mit Ausführungsbeispielen für den Einsatz mit Sand gefüllten Geotextilcontainern im Hochwasserschutz (Sylt, mecklenburgische Ostseeküste). Die mit Sand gefüllten Nadelfliescontainern sind nicht erodierbar und haben sich auch bei Hochwasser-Ereignissen an der Nordseeküste bewährt.

Die verbauten Secutex-Sandcontainer seien sehr langlebig und würden kaum Mikroplastik abgeben /siehe auch dem Protokoll beigefügte Präsentation).

 

Diskussion:

Herr Albers führt aus, dass manche von den von Herrn Dr. Ahrendt vorgestellten Küstenschutzmaßnahmen noch nicht erprobt worden sind. Hier könne man als Stadt Flächen für Versuche zur Verfügung stellen.

Herr Dr. Ahrendt stimmt Herrn Albers zu und ergänzt, dass im Rahmen eines Reallabors derartige Versuchsanordnungen zum Küstenschutz von den zuständigen Behörden ermöglicht werden sollten.

Herr Prof. Dr. Heerten verweist auf Kosteneinsparungspotenziale, die durch den Einsatz von Sandcontainern erreicht werden können.

Herr Weber erkundigt sich, wie eine Hochwasser-Schutzanlage ohne Beton und Stahl konstruiert sein könnte.

Herr Prof. Dr. Heerten antwortet, dass es ausreichend sei, gefüllte Sandcontainer mit Sand einzubauen und dann mit Strandhafer zu bepflanzen.

Herr Heckel kann die Sorgen der Pelzerhakener und Rettiner Bürgerinnen und Bürger gut verstehen und möchte wissen, was geschehen müsste damit die Ortsteile vor Hochwasser geschützt sind.

Herr Prof. Dr. Heerten antwortet, dass man um eine Verwallung nicht herumkommen werde. Es müsse ein ausreichendes Schutzniveau gewählt werden, dass eine Überflutung ausschließt.

Für eine Konstruktion aus Sandcontainern könnte im Fall eines Hochwassers eine Unterströmung der Struktur ein Problem sein.

Herr Prof. Dr. Fröhle ergänzt, dass Hochwasserschutz aus Sandcontainern genehmigungsfähig und günstiger sei als HWS-Anlagen aus Beton, Stahl und Wasserbausteinen.

Herr Weber beschreibt Verlauf und Ausführung der bis 2013 geplanten HWS-Anlage und verweist darauf, dass der Deich in den Rettiner Wiesen zum Schaarweg hin ebenfalls aus Sandcontainern bestehen könnte.

Ein Gast gibt zu bedenken, dass es allemal günstiger sei heute etwas gegen mögliche Hochwasser zu unternehmen als später entstandene Schäden zu bezahlen.

Herr Prof. Dr. Fröhle führt aus, dass der Bund mit 70 % fördere und das Land 30 % der Kosten für eine HWS-Anlage übernehme.

Frau Weise erinnert daran, dass der seinerzeit geplante Hochwasserschutz für Pelzerhaken theoretisch mit 90 % gefördert worden wäre. Grundlage für die Förderung war aber eine Fiktivlösung, die eine Förderquote von 60 % bedeutet hätte. Sie plädiert dafür, einen Grundsatzbeschluss herbeizuführen ob und wie ein Hochwasserschutz gebaut werden solle und dann ggf. Planungskosten im Haushalt einzustellen.

Frau Weise ergänzt, dass im Falle einer Entscheidung für Geotextilsandcontainer im Rahmen eines VgV-Verfahrens ein geeignetes Büro ausfindig zu machen ist, welches keine Präferenz für den Baustoff Beton oder Stahl habe.

Herr Prof. Dr. Fröhle rät dazu, sich Gedanken über das Schutzniveau zu machen und Klimawandel-Zuschläge einzupreisen. Machbare und sinnvolle Konstruktionen seien dann auch genehmigungsfähig.

Herr Prof. Dr. Heerten verweist noch darauf, dass der Binnendeich in den Rettiner Wiesen wegen der fehlenden Wellenbelastung niedriger sein könne.

 

 

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Beschluss:

Der Ausschuss nimmt von den fachlichen Informationen zum Themenbereich Küsten- und Hochwasserschutz Kenntnis.

 

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Eine Abstimmung findet zu diesem Tagesordnungspunkt nicht statt.

 

Herr Heckel bedankt sich bei den Referenten, den Gästen und den Ausschussmitgliedern und schließt die Sitzung.

Datum ..................................

 

 

 

 

 

 

 

Vorsitzende/r                                Protokollführer/in

 

 

 

 

 

 

 

Versandt am ..................................

 

* Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 16.07.2015, ist die Protokollführung ermächtigt, die Tagesordnung in der Niederschrift aller städtischen Gremien bei den Tagesordnungspunkten Einwohnerfragestunde, Bericht der Bürgermeisterin/ des Bürgermeisters, Bericht der Bürgervorsteherin/ des Bürgervorstehers, Bericht der/des Vorsitzenden, Bericht der Verwaltung, Anfragen und Verschiedenes bzw. Tagesordnungspunkte ohne Beschlussfassung sofern erforderlich in Unterpunkte zu gliedern.“

 

 

 

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